Luidger Röckrath, LL.M. (Berkeley), Wiss. Ass. (München)

Die vertragliche Haftung für den Unterhaltsschaden Hinterbliebener

VersR 2001, 1197 (Heft 28)

Gliederung

  • I. Die vertragliche Haftung für den Unterhaltsschaden bei Tötung im geltenden Recht
  • 1. Der durch die Tötung mittelbar geschädigte Angehörige ist selbst Vertragspartner
  • Zusammenfassung:

    Durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, das in einem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vorliegt, soll u.a. der Anspruch auf Schmerzensgeld auf alle Tatbestände der Gefährdungs- und Vertragshaftung ausgedehnt werden (§ 253 Abs. 2 BGB in der Fassung des RefE). Neben dem Schmerzensgeld gibt es in den §§ 842 ff. BGB indessen weitere Besonderheiten des deliktischen Schadensersatzanspruchs, die durch den Referentenentwurf nicht berührt werden. Von zentraler dogmatischer und praktischer Bedeutung ist insbesondere der Unterhaltsanspruch der Hinterbliebenen nach § 844 Abs. 2 BGB. Die Regelung des § 844 BGB wird in den Einzelgesetzen der Gefährdungshaftung inhaltsgleich wiederholt; eine Vereinheitlichung und Überführung in das allgemeine Schadensrecht der §§ 249 ff. BGB drängt sich geradezu auf.

    Der Artikel untersucht, ob die Problematik der vertraglichen Haftung für den Unterhaltsschaden im geltenden Recht befriedigend gelöst ist. Der Unterhaltsschaden ist für den Hinterbliebenen ein primärer Vermögensschaden, der bei Vertragsverletzung grundsätzlich als solcher ersatzfähig ist. Ist der durch die Tötung mittelbar geschädigte Angehörige selbst (alleine oder auch) Vertragspartner, bestimmt sich die Ersatzfähigkeit des Unterhaltsschadens demnach nach den allgemeinen Kriterien der Vertragshaftung (insbesondere Schutzpflicht- und Schutzzweckerwägungen). Insoweit besteht kein Reformbedarf.

    Grundsätzlich anders stellt sich die Lage dar, wenn nur der Getötete Vertragspartner ist. Die Lehre von den vertraglichen Schutzwirkungen zugunsten Dritter ist hier ein denkbares Lösungsmodell, das zunächst untersucht wird. Einen Schwerpunkt der Abhandlung bildet abschließend die Frage, ob in Verallgemeinerung des Rechtsgedankens aus § 618 Abs. 3 BGB die Regelung des § 844 BGB allgemein und nicht nur in bestimmten Fällen analog im Vertragsrecht herangezogen werden kann, und ob insoweit im Zuge der anstehenden Reform eine gesetzgeberische Klarstellung wünschenswert ist.